Meine Zeit mit Philip Treacy, Teil II

Markus Ehrhard arbeitet in Paris 2003 zusammen mit Philip Treacy an der Warhol Wig aus Federn
Markus Ehrhard und Philip Treacy an der Warhol-Wig aus Federn, Paris 2003

Das war natürlich ein Spektakel im Januar 2003: Naomi Campbell eröffnete unsere Show in einem Pariser Strip-Club nähe der Champs-Elysees. Valentino und Daphne Guinness waren da. Das Venue war eng, es war dunkel und es war laut. Im Vorfeld funktionierte nichts. Es gab zu wenig Steckdosen für die Hairstylisten, zu wenig Beleuchtung für Topolino, der das Make-up schminkte. Ständig waren irgendwelche bulligen Türsteher im Backstage-Bereich die mit ihren Handys unsere noch halbnackten Models, besonders Eva Herzegová, fotografierten.

 

Auch zu dieser Show wurde unser Atelier in London in Kisten gepackt und mit dem Eurostar nach Paris verfrachtet. Diesmal bauten wir unsere Werkstatt in der Turnhalle einer Grundschule auf. Philip hatte von der Warhol-Foundation die Erlaubnis mit den Andy-Warhol Grafiken zu arbeiten. Alles war "iconic" und "wunderbar". Eine meiner Aufgaben im Vorfeld bei dieser Show war es, die grafischen Drucke so zu platzieren, dass sie in Stoff und dann zu einem Kopfschmuck verarbeitet werden konnten. Passend dazu natürlich eine große Kollektion an Handtaschen und extra für uns angefertigte Schuhe von Manolo Blahnik mit den bekannten Pop Art Motiven.

Vorab fertigten wir noch in London unsagbar elegante Hüte für Valentino Couture. Vals Schau war die erste der Pariser Defilées, wir hattem am dritten Tag die letzte Show. Für frühere Schauen von Philip hatte ich als Plumassier mehr Kreationen aus Federn zu bearbeiten. Für diese Haute-Couture Show waren nur drei vorgesehen. Philip hatte die Idee einer Perücke aus weißen Federn. Als Vorlage diente die berühmte Chaos-Frisur von Andy Warhol. Aus knapp 80 pfeilförmig geschnittenen Federn setzten wir Stück für Stück dieses Kunstwerk für Model Alec Wek zusammen. Der fertige Kopfschmuck wirkte zufällig und wild zusammengesetzt, aber der Aufbau war jedoch sehr komplex.

 

Eine andere interessante Arbeit war die dreidimensionale Umsetzung der Warhol-Flowers. Die vier Blüten, ebenfalls aus Federn geformt, mussten die gleiche Farbigkeit wie die Originalvorgabe haben, so die Auflage der Warhol-Foundation. Ich färbte 100 exakt gleich lange und gleich geschnittene Federn in unterschiedlich Grüntönungen, die die Grasfläche darstellten. Einen Augenblick bevor die Show begann, bemerkten wir, dass die Rückansicht noch weiß vom dicht gewickelten Bindfaden war. Ich sprühte schnell alles einheitlich grün und setzte es tropfnass dem dänischen Model auf den Kopf. Leider wurde dieser aufwändige Kopfschmuck bei einem späteren Editorial-Shoot eines spanischen Magazins im wahrsten Sinne platt gemacht.

 

Mit einem Camouflagedesign von Warhol habe ich zuvor Satinstoff bedrucken lassen, womit Federkiele bezogen und daraus neue Federformen geschnitten wurden. Zusammen mit Philip haben wir dann eine Anlehnung an die Warhol-Perrücke gefertigt. Nach dem Schneiden dieser neuen Federn habe ich feststellen müssen, dass sich die Schnittkanten des Satins aufdrehten. Diese musste ich dann mit einem Sekundenkleber fixieren, es roch nach einem Chemielager.

Aus stoffbezogenen Federn hat Philip Treacy eine Warhol Perücke gefertigt
Warhol Wig aus stoffbezogenen Federn, Philip Treacy, Paris 2003

Die Show selbst war mit ca. 15 Minuten recht kurz und ich selbst empfand sie eher als Pop-Spektakel mit toller Musik von DJ Dan. Mit "When there's love, you'va gotta go...don't ever let them know...hold your head up" eröffnete Naomi in gewohntem Stakkato die Schau. Leider war dieses Defilee das letzte von Philip in Paris. Die Kritiken waren nicht die besten, aber wir hatten kommerziellen Erfolg.

 

Geschrieben und fotografiert hat

der

Markus

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