HABSUCHT

Bei jedem Mensch ist ein Mindestmaß an Besitz zur Existenz notwendig. Die Habsucht beschreibt ein zwanghaftes und übersteigertes aktives Verhalten welches die Grenze des natürlichen Gebrauchs und des Bedarfs, ähnlich der Völlerei, überschreitet. Der habsüchtiges Mensch giert nach Dingen und Erlebnissen, und er gerät mit der damit verbundenen Selbstsucht in Abhängigkeit. Das Habenwollen verdrängt das Empfinden von Gerechtigkeit. Das übertriebene Besitzstreben führt zur Sucht, da jede scheinbare Befriedigung neue Wünsche veranlasst, ausgelöst von der Angst, dass etwas fehlen könnte. Typische Verhaltensformen sind sammeln, horten, raffen, verschlingen, einnehmen und anhäufen von Besitz deren Umsetzung belohnen wirken soll. Egoistische und dominante Vorgehensweisen suchen und sichern dem Habsüchtigen das Eigentum. Nur das Eigene ist Symbol für Erfolg und Macht. Diese individuelle Verhaltensform, die nicht das Teilen oder Abgeben kennt, führt zwangsläufig zur Isolation.

Übersteigerte Verhaltensmuster, wie das Einverleiben, präsentiert sich zu Beginn der Entwurfsreihe. Kurzhaariger Pelz ermöglicht, ohne sichtbare Ansatznähte, homogene in sich verschlungene Kleider und Röcke zu kreieren, deren Technik zuerst nicht lösbar scheint. Aufgrund des Materials ist es auszuführen auf einer Fläche in einem Stück zwei Lagen übereinander zu arbeiten. Aus dieser Verarbeitungsart entstandenen Ornamente wachsen funktionale Träger, Schlingen und Gürtungen. Verstürzte Blenden symbolisieren die Handlungs des Einnehmens. Der Einsatz steigert sich bir zur Unfähigkeit die Arme, die tragen könnten, zu bewegen. Bänder aus Pelz und Leder veranschaulichen die Geißelung die durch den angehäuften Besitz entstanden ist. Aufeinandergekettelte Strickbündchen schlingen sich um Körper und bezeichnen das totale Vereinnahmen und der darauf folgenden suchtbezogenen Abhängigkeit. Pelzkleider sind nach Schnitten entwickelt die keinen Materialrest aufweisen. Durch gezielte Einschnitte entstehen Öffnungen und Schlitze für Arme und Kopf. Vollkommen verschließbare Halsausschnittformen lassen keine Materialvergeudung zu und symbolisieren durch die entstandenen Kragenformen eine dominante Kleidung.

Das Kleid weist vom Material beginnend charakteristische Merkmale der Habsucht auf. Die Felltafeln sind aus insgesamt 48 Wieselweibchen zusammengesetzt und werden mit nach unten laufender Richtung verarbeitet. Das Leder ist besonders weich und anschmiegsam. Die Tafeln wurden als Ganzes verarbeitet, ohne das ein Verschnitt entstanden ist. Die entwickelte Schnittform symbolisiert das Verhaltensmuster des "Nicht-abgeben-wollens". Lediglich die Schulter und Armlöcher wurden der Passform wegen etwas ausgezeichnet. Vom Schulterpunkt der rechten Halslochseite wurde im Vorderteil senkrecht nach unten bis 2 cm unter dem Brustpunkt eingeschnitten. Der Betrag der beim Aufdrehen des Halsausschnittes entstanden ist, wurde als Falte in das linke Armloch gelegt. Um die gerade Kleiderform auf die Körperform zu raffen, wurde diagonal über die linke Seitennaht verlaufend ein unter Spannung gesetztes Gummiband aufgesteppt. Diese Verarbeitung wurden ebenfalls im Futterkleid wiederholt. Für den Flügelärmel und dem Gebrauchs-Mißbrauchs-Schuh wurden Schwingfedern der Ganz gehortet und gesammelt aufgenäht. An einem Fetisch hängen Fuchspfoten, Seeschneckenhäuser, Krebszangen, Stachelschweinspitzen, sowie ein abgebrochener Elchzahn, eine menschliche Schädeldecke, und eine Schlangenrippe aals Trophäen habsüchtiger Aktivität.

Kontent und Fotos: Copyright bei Markus Ehrhard